Russische Uhren
4. Russland: Die erste Phase - 15. und 16. Jahrhundert
Der erste Uhrmacher in Russland war Lazar, ein Mönch aus dem Kloster von Athos. Er hat 1404 eine Turmuhr mit Waag und Gewichtsantrieb für den Kreml-Palast des Wassilij I., Großfürst von Wladimir und Moskau (1389 – 1425), gebaut.
Auf Abbildungen in alten Schriften sind das Zifferblatt und drei Gewichte deutlich zu erkennen.
(Quelle: Polytechnical Museum, Moscow: Timepieces by master craftsmen, S. 11)
Die Uhr hatte eine 12-Stunden-Einteilung und statt eines Stunden-Zeigers eine drehende Scheibe – Minutenzeiger gab es zu der Zeit noch nicht. Die Ziffern waren, wie es bis zur Schriftreform von Peter I. im Jahre 1710 in Russland üblich war, alt-kyrillische Buchstaben.
„Allgemein wird bei der Darlegung der Chronologie nicht beachtet, dass bis zu den Petrinischen Reformen in Russland eine spezielle Stundenzählung üblich war. Gezählt wurden die Stunden jeweils von Sonnenaufgang bzw. von Sonnenuntergang, wobei der Sonnenaufgang als Beginn des neuen Tages galt. Anfangs waren sowohl die Tag- als auch die Nachtzeit in je zwölf Sunden unterschiedlicher Länge geteilt.“ (Hoffmann: Einführung, S. 190). Die Lazar-Uhr am Kreml-Palast des Wassilij I. zählte demnach die „Temporalen Stunden“.
Die erste befestigte Wallanlage, Kreml, auf einem Hügel am Nordbogen der Moskwa wurde im Jahre 1156 errichtet. Diese hölzernen Festungen sind mehrfach durch Feindeinwirkungen oder Feuer zerstört und immer wieder aufgebaut worden. 1340 wurde der Kreml grundlegend erneuert. Die Mauern waren sieben bis zehn Meter hoch und bis zu sechs Meter dick. Sie bestanden aus massivem Eichenholz, das zum besseren Schutz vor Feuer außen mit Ton verkleidet war. Auch dieser Kreml wurde 1365 durch eine verheerende Feuersbrunst zum großen Teil zerstört. Großfürst Dimitri Donskoi, der Vater von Wassilij I., ließ die Kreml-Festung 1367 aus weißem Kalkstein neu errichten. Seine heutige Gestalt mit der 2235 Meter langen Mauer aus rotem Backstein und den 20 Türmen – darunter der Spasskij-Turm – erhielt der Kreml Ende 15. bis Anfang 16. Jahrhundert unter Iwan III., dem Sohn von Wassilij I. Iwan III. ließ auf den Türmen des in Bau befindlichen Kreml Spieluhren montieren – Turmuhren mit Glockenspiel. Die erste von ihnen wurde auf dem Spasskij-Turm installiert.
Mehr als 300 Jahre beschränkte sich die Uhrmacher-Kunst in Russland nahezu auf Turmuhren für Kirchen, Klöster und Schlösser.
Neben den Turmuhren spielten tragbare und monumentale Sonnenuhren vom 15. bis in das 19. Jahrhundert eine große Rolle.
Sonnenuhren verschiedener Konstruktionen dienten auch dazu, frühe mechanische Turmuhren auf richtige Zeit nach zu stellen.
Bereits 1428/29 erbaute Ulugbek in der Nähe von Samarkand ein Observatorium. „Ulugbeks Sterntafeln enthalten Koordinaten von 1018 Sternen und sind in jahrelanger Arbeit 1437 von seinen Gelehrten komplett erstellt worden. Das astronomische Jahr konnte mit 365 Tagen, 6 Stunden, 10 Minuten und 8 Sekunden bestimmt werden. Das bedeutet gegenüber unserer heutigen Berechnung eine Differenz von rd. 1 Sekunde.“ (Seide: Bd. 1, S. 7)