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22.01.2022
Rainer im Brahm: Die Tourbillonbauer an der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte in Sachsen.
Herausgeber: Klassische & Antike Uhren – A. Hidding, Raesfeld, 2021, 264 S., sehr viele Farbabb., Format DIN A4, Hardcover, Fadenbindung. Preis: 78,00 € + Versandkosten. Bezug über https://uhren-hidding.de/de/ Auf der Webseite Beispiele aus dem Inhalt
Die bereits vorhandene Uhrenliteratur zu Geschichte und Erzeugnissen der Uhrenindustrie in Glashütte widerspiegelt die Faszination, die dieser Standort mit seinem ausgeprägten Streben nach höchster Qualität und Perfektion auf die diversen Autoren ausgeübt hat. Mit unermüdlichem Fleiß wurden hier interessante Details für die vielen Liebhaber dieser Uhren zusammengetragen und vor dem Vergessen bewahrt. Den Anfang machte der 1925 geborene Kurt Herkner, der in der letzten Meisterklasse an der Uhrmacherschule Glashütte 1950 seine Meisterprüfung bestand. Seine drei Bücher „Glashütte und seine Uhren“ (1. Aufl. 1978), „Glashütter Armbanduhren“ sowie „Deutsche Uhrmacherschule Glashütte“ sind auch heute noch gesuchte Werke. Es folgte ihm Martin Huber, dessen Buch „Die Uhren von A. Lange & Söhne Glashütte/Sachsen“ 1988 bereits in 5. Aufl. erschien. Im Jahr 2007 veröffentlichte Werner Heinrich sein Werk über „Armbanduhren aus Glashütte“ und 2009 legte Herbert Dittrich sein gesammeltes Wissen 2009 in einer fünfbändigen Reihe über die historische Entwicklung der Uhrenherstellung in Glashütte und Dresden vor. Paul Meißner folgte 2011 mit „Die Werke der Glashütter Armbanduhren 1927-1990“ und 2012 Reinhard Meis mit seinem umfangreichen zweibändigen Werk über 100 Jahre Uhrenindustrie in Glashütte 1845-1945 sowie A. Lange & Söhne. Nicht vergessen werden soll auch die 25 teilige Serie von Waldemar Becker über „Glashütte damals“ (2014) sowie die stets aktuelle und praktisch täglich ergänzte riesige Webseite von Hans-Georg Donner über Glashütte und seine Uhren (www.glashuetteuhren.de).
Das druckfrisch vorliegende Werk von Rainer im Brahm soll nun hier vorgestellt werden soll.
Dieses Buch wäre ohne Kurt Herkner nicht möglich gewesen. Grundlage bildete sein riesiges, akribisch zusammengetragenes Archiv mit Unterlagen, Schriftstücken, Fotos und Briefen sowie Kontakten zu früheren Schülern der Uhrmacherschule Glashütte. Ein Teil der Unterlagen stammte von der Familie Alfred Helwig, mit der Kurt Herkner und seine Frau eng befreundet waren. Kurt Herkner sprach Rainer im Brahm 2016 im Kölner Uhrenkreis an, ob er mithelfen könnte, ein weiteres Buch über Tourbillons zusammen mit ihm zu verfassen. Um gute Fotos von den Tourbillons erstellen zu können, bot Kurt Herkner den diversen Besitzern dieser Uhren als Gegenleistung für das Ausleihen eine kostenlose Revision an – eine unglaublich aufwändige Arbeit. Leider wurde die gemeinsame Arbeit an dem Buch 2019 durch den Tod von Kurt Herkner gestoppt. Da jedoch Frau Eva Herkner dem Verfasser die Nutzungsrechte an den Unterlagen überließ, konnte Rainer im Brahm schließlich das Buch mit großem Aufwand vollenden.
Die Anstrengung hat sich gelohnt, denn der Leser erhält hier Zugang zu Originaldokumenten aus dem Archiv von Kurt Herkner, die hier zum ersten Mal veröffentlicht werden und in der bisherigen Literatur fehlen.
Das Buch spiegelt den Stand der Schülerarbeiten wider, der aus vorhandenen Unterlagen sowie den Recherchen des Verfassers rekonstruiert werden konnte. Die Bibel für jeden Tourbillonbauer an der Uhrmacherschule Glashütte war das 1927 erschienene Werk „Drehganguhren“ von Alfred Helwig. Es war der Wunsch von Kurt Herkner, als Hommage an Alfred Helwig diese seltene Schrift mit 100 Seiten im Teil 1 des jetzt vorliegenden Werks noch einmal zu veröffentlichen. Mit vergrößertem Format und aufgrund hervorragender Scanqualität ist das optimal gelungen.
Teil 2 bildet den inhaltlichen Schwerpunkt des Buchs. Er bietet eine umfassende Zusammenstellung von 29 der raren Tourbillonarbeiten an der DUS. Zu den Erbauern gehören berühmte Namen wie Vetterlein, Triebold, Reichert, Apel, Leutert, Oestreich, Schöneck usw. Die Uhren sind im Buch nach ihren Schulnummern geordnet und die Beiträge umfassen jeweils mehrere Seiten. Die Uhren sind mit ihren technischen Details und meist mehreren Fotos dokumentiert, ergänzt durch Informationen zu ihren Erbauern und deren Umfeld mit Zeugnissen, Briefen, Anmerkungen von Alfred Helwig oder Lebenserinnerungen. Das umfasst auch soweit möglich das spätere Schicksal der Uhren. Diese ganzheitliche Betrachtung mit der gekonnt arrangierten Zusammenstellung technischer Details und tlw. sehr persönlichen Informationen und Erinnerungen verleiht dem Buch einen lebendigen Reiz. Ein Quellenverzeichnis sowie eine alphabetische Namenliste beschließen das Werk.
Das gut zu lesende Buch in hochwertiger Aufmachung ist nicht nur eine würdige Hommage für Kurt Herkner, sondern auch für den einmaligen Lehrer Alfred Helwig. Es bildet ein eindrucksvolles Zeugnis für die Königsklasse der Glashütter Uhrmacherei mit Anker- und Chronometer-Tourbillons in verschiedenen Ausführungen und makelloser Vollendung. Für jeden Glashütte-Sammler eine unabdingbare Ergänzung.
Bernhard Huber